Von Sparrieshoop in die Staaten
Elmshorner Nachrichten
Freitag, 18, Oktober 1996

Alte Wappen-Kate zerlegt und nach Amerika verschifft

Das Wappenhaus der Gemeinde Klein Offenseth-Sparrieshoop gibt es im Dorf nicht mehr. Das Kulturdenkmal ist vor einigen Wochen abgetragen und in die USA verschifft worden. Es soll dort als Zentrum eines schleswig-holsteinischen Heimatvereines aufgebaut werden.

Von Carsten Petersen

Klein Offenseth-Sparrieshoop. Im US-Bundesstaat Iowa sehen sich etwa die Hälfte der rund vier Millionen Einwohner als Nachfahren schleswig-holsteinischer Einwanderer. In der landwirtschaftlich geprägten Region leben die Stojohanns, Clausens und Petersens in Ortschaften wie Holstein, Moorland oder auch Schleswig. In der Kleinstadt Manning kommt fast jeder zweite Einwohner aus Schleswig-Holstein. Hier will der Heimatverein, die „Heritage Foundation of Manning", seit Jahren ein niederdeutsches Bauernhaus aufbauen.

Bei der Suche der Amerikaner war das Freilichtmuseum Molfsee behilflich. Fündig wurden sie in Klein Offenseth-Sparrieshoop: Der Landwirt Claus Hachmann und seine Mutter-Paula wollten sich von ihrer reetgedeckten Kate mit teilweise erhaltenem Fachwerk sowie Utbau und Heckschuur trennen. Das Kulturdenkmal an der Austraße, das durch den Titel nicht ausdrücklich unter Schutz steht, war verfallen. Der Besitzer konnte die Restaurierungskosten von mindestens 500 000 Mark nicht aufbringen.

Die Familie Hachmann bot der Gemeinde das Haus kostenlos an. Nach vielen Diskussionen entschied sich der Gemeinderat gegen das Vorhaben. Bürgermeister Gunter Wischmann: „Wir hätten das Hau, zu gern behalten. Aber die Gemeinde konnte es sich nicht leisten, es wieder herzurichten. Es bestand auch keine Möglichkeit, es für die Gemeinde nutzbar zu machen." Claus Hachmann erhielt eine Abbruchgenehmigung.

Privaten Käufern, die das alte Gebäude wieder restaurieren wollten, stand die Familie Hachmann skeptisch gegenüber. „Es sollte der Allgemeinheit zugänglich sein. Das lag mir am Herzen", sagte Claus Hachmann. Mit den Plänen der Deutschstämmigen in Iowa sieht er sein Anliegen verwirklicht. „Es wird dort vielen Leuten Freude machen", meint der Stifter, der es auch an einen „Amerikanischen Millionär" nicht verkauft hätte. Zudem macht es ihm und seiner Mutter Freude, ihr Haus in eine Region zu geben, in dem auch Verwandte von ihnen leben. Sie hatten die Sparrieshooper Familie in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg umfang-reich unterstützt.

Mit Arbeitern der Beschäftigungsinitiative im Kreis Pinneber ist dann die Kate abgetragen worden. Zuvor hatten es Studenten der Baufachhochschule in Eckernförde vermessen. beschriftet und eine Rekonstruktionszeichnung für die Amerikaner angefertigt.

Ende August verließ der letzte von zwei Containern die Rosengemeinde. Mittlerweile sind die Reste des Hauses in Manning angekommen. Der dortige Bürgermeister Dan Peters wie auch andere Mitglieder des Heimatvereins haben sich die Kate in Sparrieshoop bereits angesehen. Alle Kosten des Projekts bringt der Verein auf.

Der gesamte Dachstuhl, die Deckenbalken die Türen und Beschlage sowie eines der verfallenen Fenster als Muster, aber auch Fundamentfelsen und alle Steine, die nicht in Zement gemauert waren, wurden verschifft. Auch ein Pflug, eine Egge und eine Holzwalze kamen mit in die Container.

Scharfe Kritik an dem Vorhaben übt die Interessengemeinschaft Bauernhaus (IGB). Die 1961 als Kulturdenkmal beschriebene Kate hätte besser unterhalten werden und als Wappenhaus im Dorf bleiben sollen. Die IGB sieht den Wiederaufbau mit einem „Bruchteil der Originalsubstanz" als „Pseudoerhaltung", weil ihrer Auffassung nach in Amerika zu viel neu aufgebaut werden muß. „Gleich eine Kopie in Iowa zu bauen wäre ehrlich. Was hier geschehen soll, hat mit Denkmalpflege absolut nichts zu tun. Klein Offenseth aber ist um sein Wappenhaus betrogen worden", so Ulla Mathieu von der IG Bauerhaus.